„Papier ist meine Leinwand“

Interview mit Jordan Jelev von The Labelmaker.

Jordan hat kürzlich das Weinetikett für ein neues Weingut in Kalifornien – Wolf's Head Vineyards – entworfen.

 

Was war der Designauftrag?

Vom Anfang bis zum Ende dieses Projekts war mir alles überraschend klar. Eines Tages erhielt ich eine E-Mail von Cameron Woodbridge, Winzer bei Wolf's Head Vineyards, in der er sein Interesse bekundete, mich zu kontaktieren, und am nächsten Tag erfuhr ich die Geschichte des Weinguts. Er erklärte, wie das Satellitenbild der Weinberge ihn an einen Wolfskopf erinnert. So wurde das Weingut benannt.

Also war der Auftrag sehr einfach und kurz: „Ich möchte ein Weinetikett mit einem Wolfskopf darauf“.

Cameron sagte auch, dass er eines meiner früheren Weinetiketten-Designs sehr mochte – dasjenige mit der Bezeichnung Salla White.

Ich hatte bereits meine Vision und als ich die Satellitenbilder von Cameron anforderte, wurde es mir noch klarer.

 

Wie sind Sie an die Realisierung des Designauftrags herangegangen?

Es war offensichtlich, dass die Zeichnung eines Wolfskopfes der wichtigste Teil in meinem Design sein sollte. Ich stellte meine eigenen Recherchen über die Anatomie des Wolfes und insbesondere der Wolfsköpfe an, weil ich in meinem ganzen Leben noch nie einen Wolf gezeichnet hatte. Ich nahm meinen bevorzugten Pilot-Parallel-Stift mit schwarzer Tinte und verbrachte zwei oder drei Tage damit, verschiedene Wolfsköpfe zu zeichnen. Es war nicht einfach, das endgültige Bild anzufertigen, weil ich die Brust ein wenig größer als nötig gemacht hatte, also musste ich meine Zeichnung mehrmals bearbeiten, bevor ich zum endgültigen Bild kam.

Nachdem die Zeichnung fertig war, wurde der Rest des Designs schnell erledigt. Ich musste über Komposition, Typografie, Papier und Druck nachdenken und es machte wirklich Spaß, und das ohwohl der Wolfskopf doch bereits fertig war.

 

Wie haben Ihnen die Materialien von Avery Dennison geholfen, Ihre Vision zu verwirklichen?

Ich habe Fasson Bright White Felt als mein Material ausgewählt, weil ich für dieses Design eine starke Präsenz des Papiers wünschte. Das Etikett ist ziemlich rein, sodass die visuelle Wirkung des Wolfskopfbildes und des Papiers die beiden sehr wichtigen Effekte waren, nach denen ich suchte. Ein weiterer großer Vorteil dieses Papiers war die Textur. Ich weiß wirklich nicht genau, wie es passierte. Man sieht diese Dinge, nachdem das Etikett gedruckt wurde, aber die Textur des Papiers wurde irgendwie Teil meiner Wolfszeichnung und fügte weitere winzige, versteckte Details hinzu, die das gesamte Bild organischer aussehen ließen. Dies ist in den Bereichen, in denen die Goldfolie geprägt ist, sehr deutlich.

 

Was war die endgültige Wirkung des Designs?

Packaging of the World präsentierte das Etikett direkt, nachdem es auf der Website des Etikettenherstellers erschienen war. Es wurde in den sozialen Medien fantastisch aufgenommen und es half mir auch, einige neue Kunden zu gewinnen, die das Etikett sahen und mich kontaktierten, damit ich ihnen ihr eigenes erstelle!

 

Wie lange entwerfen Sie schon Designs und was ist Ihnen in Bezug auf Materialien wichtig?

Ich habe 1998 angefangen, Weinetiketten zu entwerfen. Seitdem konzentriere ich mich voll und ganz auf die Wein- und Spirituosenindustrie. Ich war schon immer der Meinung, dass Drucker und Papiere die wahre Grundlage meiner Arbeit sind. Sie visualisieren mein Art Work und erfüllen sie mit Leben. Dies ist für den gesamten Prozess entscheidend, in dem alles zählt. Wie man also sieht, ist Design nicht alles. Wenn man den Prozess als Ganzes kennt und versteht, hat man die Chance seine Etiketten veredeln und immer besser machen. Je mehr man über Materialien und deren Verwendung weiß, desto besser ist die Arbeit.

Ich achte sehr auf Kleinigkeiten, aber vor allem versuche ich, jedes neue Design mit meiner Papierauswahl zu beginnen. Papier ist meine Leinwand. Zuerst beginne ich mit seinem Aussehen und Gewicht. Es muss zu meinem Design passen. Die Oberflächenbeschaffenheit des Papiers ist sehr wichtig, wenn man das Design erstellt und danach druckt – matte und glänzende Papiere hinterlassen einen unterschiedliche Eindruck, wenn sie mit Farben bedeckt sind, und man denkt und macht alles gleichzeitig im Kopf. Der Prozess der Erstellung, des Entwerfens eines Etiketts bildet mit dem Druckvorgang eine Einheit. Man muss diese beiden Prozesse kennen und aufeinander ausrichten, um ein herausragendes Etikett zu erzeugen.

Die Haftung ist ein weiterer extrem wichtiger technischer Parameter des Papiers, insbesondere wenn es um niedrige Temperaturen, die Kühlung und den Eiskübel geht.

Wie Sie wissen, mache ich alle Weinfotos selbst. Als professioneller Fotograf sehe ich verschiedene Dinge in meinem Studio. Kontrollierte Lichtbedingungen verändern das Aussehen der Papierstruktur oft dramatisch. Es ist wichtig zu wissen, wie Licht zu manipulieren ist, um das Beste aus dem Etikett machen zu können – atemberaubendes Papier, scharfe Details, glänzende Heißprägefolien, feinfühlige Prägung. Ein weiterer toller Trick bei der Wahl eines Papiers ist es, den Grad seiner Transparenz bei starker Hintergrundbeleuchtung zu kennen. Die meisten Weißweine werden mit Hintergrundlicht fotografiert und in solchen Fällen muss man ein weniger durchscheinendes Papier wählen. Andernfalls geht das Hintergrundlicht durch das Papier hindurch und verändert das Aussehen des Etiketts auf der Flasche drastisch.

Wie Sie also sehen, gibt es viele Details, die in Ihrem kreativen Prozess zu Hindernissen werden könnten. Für mich besteht die Lösung darin, sehr sorgfältig mit den für das Etikett verwendeten Materialien umzugehen und so viel wie möglich über jeden der Prozesse zu wissen, die in die Etikettenherstellung eingebunden sind.

 

Woran denken oder was tun Sie als Erstes, wenn Sie einen Designauftrag – oder eine Designherausforderung – erhalten?

Ich habe viel Erfahrung und versuche normalerweise, in meinen Gedanken etwas zu sehen, das dem Endergebnis sehr nahekommt. Es ist ein besonderes Gefühl und ich bin mir nicht sicher, ob ich es beschreiben kann. Egal, ob ich den Auftrag in einer E-Mail lese oder ihn in einem Live-Gespräch bespreche, ich bekomme sofort eine nahezu klare Vorstellung davon, was passieren sollte. Dies ist ein großer Vorteil, glaube ich, weil es Ihnen die Freiheit gibt, die zukünftige Druckvorlage in Ihrer Fantasie zu verfeinern, noch bevor Sie mit dem weißen Blatt und dem Stift beginnen.

 

Haben Sie jemals eine kreative Blockade? Wenn ja, was tun Sie, um sie zu überwinden?

Ja, natürlich. Jeder hat einmal eine – wir sind keine Maschinen. Ich habe kein spezielles Heilmittel dagegen – es ist jedes Mal anders. Ich versuche, entspannt zu bleiben, ändere meinen Standpunkt, versuche, ein tieferes Verständnis davon zu bekommen, was ich tun sollte ... es ist eine Art Meditation und liefert mir jedes Mal gute Ergebnisse, wenn ich es praktiziere.

 

Wie wichtig sind Ihnen die Materialien in Ihrem Designprozess?

Sie sind essentiell. Sie gehen Hand in Hand mit meiner Kreativität. Meine Idee ist immer mit Materialien verschweißt – Papier, Flasche, Versiegelung, Heißprägefolie, Lack, Prägung, Etikettenform ... Sie sind allesamt Instrumente der Wahl für meine Idee.

 

Wählen Sie das Material selbst aus oder wird es Ihnen normalerweise vorgegeben?

Ich wähle es immer selbst aus. Das heißt natürlich nicht, dass ich es nicht mit meinen Kunden, Druckern, Papierproduzenten etc. bespreche. Außerdem versuche ich immer, mich über die neuesten Innovationen in der Industrie auf dem Laufenden zu halten, damit ich das Beste aus dem machen kann, was neu ist.

 

Beeinflusst die Materialwahl das Design selbst?

Natürlich. Wie ich bereits sagte, sind sie eine Einheit wie das Gemälde und die Leinwand und sogar mehr. Die falsche Papierwahl könnte Ihre Arbeit ruinieren. Und ich meine nicht nurdas Papier – es geht um alles. Ein kleines Universum, das wir im Gleichgewicht und in Harmonie halten müssen.

 

Umgehen Sie bei Ihren Designs jemals Herausforderungen in Bezug auf das Material?

Ich liebe es, in meinen Designs mit Materialien zu spielen. Wenn Sie die Oberflächenbeschaffenheit des Papiers verstehen, können Sie sie richtig verwenden und sie sogar an Ihre Bedürfnisse anpassen. Ich tue es oft und ich glaube, dass es eine meiner persönlichen Noten in meiner Arbeit ist, die meine Weinetiketten anders aussehen lassen als die der Konkurrenz. Etiketten wie SOULMATEs, ERELIA, Gaetan, Glarus Signature sowie White Story und Think Pink Rose sind wahre Beispiele für das, was ich tue.

 

Wenn Sie ein neues Material einführen könnten, was wäre es?

Für mich bestünde die größte Innovation im Moment darin, in der Lage zu sein, Papiere in der Fabrik einfach anzupassen und dann für den Druck zu verwenden. Ich mag auch den zunehmenden Trend, andere Materialien wie Holz, Textil, Metall etc. zu verwenden.